Rechtsgrundlage für Datenverarbeitung in Beschäftigungsverhältnissen § 26 BDSG möglicherweise unwirksam
Datum: 16.06.2023
1. § 26 BDSG
Die DS-GVO gilt seit Mai 2018 in der gesamten Europäischen Union. Sie enthält für alle EU-Bürger umfassende Rechte in Bezug auf ihre persönlichen Daten. Dies gilt auch für Arbeitsverhältnisse.
Im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ist dazu die Sonderregelung des § 26 BDSG enthalten. Nach Art. 88 Abs. 1 DS-GVO besteht die Möglichkeit der Mitgliedsstaaten speziellere Regelungen zu erlassen. Davon hat die Bundesregierung mit dem neuen BDSG Gebrauch gemacht.
2. Urteil des EuGH vom 30. März 2023
Hintergrund der Entscheidung des EuGH – Rs. C-34/21 – war eine Anfrage des Verwaltungsgerichtes Wiesbaden zur Europarechtskonformität des § 23 HDSIG (Hessisches Datenschutz- und Informationssicherheitsgesetz). Ein Blick auf den Gesetzestext zeigt, dass dieser fast wortgleich mit § 26 BDSG ist.
Der EuGH hat dazu ausgeführt. Die nationale Vorschrift muss die Vorgaben des Art. 88 Abs. 2 DS-GVO erfüllen. Das bedeutet im Ergebnis; sie muss entweder eine spezifischere Regelung als die DS-GVO oder die DS-GVO keine abschließende Regelung enthalten. Sie ist nicht anzuwenden.
Eine bloße Wiederholung der Bestimmungen der DS-GVO, wie bei § 23 HDSIG und somit auch bei § 26 BDSG genügt nicht.
Ferner enthält § 23 HDSIG keine besonderen Maßnahmen zur Wahrung der menschlichen Würde, der berechtigten Interessen und der Grundrechte der betroffenen Person. Damit sind Voraussetzungen des Art. 88 Abs. 2 DS-GVO nicht erfüllt.
3. Auswirkungen für die Praxis
Das Urteil des EuGH betrifft zunächst nur die Vorschrift des § 23 HDSIG. Aufgrund der fast wortgleichen Vorschrift des § 26 BDSG wird es aber auch diese Vorschrift in nächster Zeit treffen.
Die Grundlage der meisten Verarbeitungsvorgänge im Rahmen von Arbeitsverhältnissen ist § 26 Abs. 1 BDSG. Diese Vorschrift wird wohl nach der Entscheidung des EuGH als rechtswidrig anzusehen sein.
Gesetzgeberische Aktivitäten gibt es noch keine. Seit April gibt es ein Prognosepapier des Arbeits- und Innenministeriums. Danach soll ein Gesetzesentwurf noch 2023 veröffentlicht werden. Der DGB hatte im Jahr 2022 einen eigenen Entwurf eines Gesetzes vorgelegt (abrufbar im Downloadcenter des DGB) https://www.dgb.de/downloadcenter/++co++d8c37b52-88e2-11ec-acce-001a4a160123
4. Fazit
Die Auswirkungen einer Unwirksamkeit dürften zunächst eher gering sein. Die Verarbeitung kann i. d. R. alternativ auf Art. 6 Abs. 1 b DS-GVO gestützt werden. Arbeitgeber sollten dennoch prüfen, welche Rechtsgrundlagen im Falle der Unwirksamkeit des § 26 Abs. 1 BDSG alternativ zur Verfügung stehen.
Die notwendigen Informationen nach Art. 13 und 14 DS-GVO sind ebenfalls zu prüfen.
Im Übrigen bleibt abzuwarten, ob das angekündigte Beschäftigtendatenschutzgesetz kommt. Ggf. hilft hier die Entscheidung des EuGH, damit die aktuelle Bundesregierung Ihre Verpflichtung aus dem Koalitionsvertrag erfüllt.