Auftragsmangel – Urlaub und Plusstunden als Ausgleich?
Was tun, wenn – nicht nur in der CoronaKrise – ein plötzlicher Auftragsmangel oder die Notwendigkeit einer kurzfristigen Schließung des Betriebes den Ausfall von Arbeitszeit zur Folge hat? Während sich hierfür in der CoronaKrise die Kurzarbeit etabliert hat, können bei kurzzeitigen Arbeitsausfälle auch weitere Alternativen in Betracht kommen.
Erstes und rechtlich einfachstes Mittel ist die Freistellung unter Anrechnung von Mehrarbeitsguthaben. Dies ist grundsätzlich auych ohne Zustimmung des Arbeitnehmers umsetzbar. Aber Vorsicht: Sofern Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder die arbeitsvertraglichen Regelung des Arbeitszeitkontos eine Zustimmung oder einen Antrag des Arbeitnehmers vorsehen, muss dies auch im Fall des unerwarteten Arbeitsausfalls vorliegen.
Besondere Umsicht ist bei Zeitarbeitnehmern erforderlich. Hier steht dem einseitigen Freizeitausgleich schon die Vergütungsregelung des §11Absatz 4 Satz 2 AÜG entgegen, durch die das Recht des Zeitarbeitnehmers auf Vergütung bei Annahmeverzug des Verleihers nicht aufgehoben oder beschränkt werden darf. Insbesondere wenn auch die Tarifverträge eine Zustimmung oder einen Antrag des Leiharbeitnehmers vorsehen, kommt eine einseitige Freistellung bei Arbeitsausfall oder fehlenden Einsatzmöglichkeiten nicht in Betracht (so das Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 22. Januar 2020 6 Sa 1023/19 für den MTV iGZ).
Eine weitere Möglichkeit ist, Urlaubstage zur Überbrückung von Arbeitsausfall »zu verbrauchen«. Auch in diesem Fall gelten die allgemeinen Vorgaben zur Urlaubsgewährung (Landesarbeitsgericht BerlinBrandenburg, Urteil vom 30. Oktober 2020–12 Sa 602/20). Daher muss vor der Freistellung eine bestimmte Dauer vereinbart und diese ohne weitere Bedingungen und ohne eine Möglichkeit des Widerrufs gewährt werden. Wird dagegen, ggf. sogar erst im Nachhinein, für einen zunächst unbestimmten Zeitraum eine Anrechnung von Urlaubstagen vereinbart, ist dies nicht wirksam. Denn es fehlt am Sinn und Zweck des Urlaubs, dass sich der Arbeitnehmer unbedarft für einen vorbestimmten Zeitraum erholen kann.
Werden diese Vorgaben nicht beachtet sind die entsprechende Tage nach den Grundsätzen des Annahmeverzugs nachzuzahlen.
FAZIT
- Zur Überbrückung von kurzfristigen Arbeitsausfällen eignet sich besonders der Abbau des Arbeitszeitkontos. Die individuellen Voraussetzungen des Abbaus müssen aber auch im Eilfall gewahrt werden. Gerade in Zeitarbeitsunternehmen bedeutet dies, dass eine Zustimmung des Arbeitnehmers zwingend erforderlich ist.
- Kommt dies nicht in Betracht, kann auch Urlaub verwendet werden. Dann muss aber der Freistellungszeitraum im Vorhinein genau bestimmt und das Einverständnis des Mitarbeiters eingeholt und schriftlich dokumentiert werden.