Rückgewähr von Gewinnentnahmen des Kommanditisten in der Insolvenz der Gesellschaft

In den Gesellschaftsverträgen von Personengesell­schaften wie der Kommanditgesellschaft werden regelmäßig verschiedene Konten vorgesehen, neben einem festen Kapitalkonto, auf dem die Einlagen der Gesellschafter gebucht werden, u.a. auch variablePrivat­, Darlehns­ oder Verrechnungskonten, auf denen die Gewinngutschriften und ­entnahmen der Gesellschafter gebucht werden. Vielfach lassen sich die Gesellschafter die Gewinne nicht sofort aus­zahlen sondern lassen sie stehen, um die Liquidität gegen entsprechende Verzinsung der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen. Dass das in der Insolvenz der Gesellschaft gefährlich sein kann, zeigt eine Entschei­dung des Bundesgerichtshofs vom 17. Dezember 2020 (IX ZR 122/19).

Dort hatte sich der Gesellschafter einer GmbH & Co KG, der einziger Kommanditist und alleiniger Gesellschafter der Komplementär­GmbH war, seine zunächst stehen gelassenen Gewinngutschriften aus­zahlen lassen kurz bevor die Gesellschaft wenig später einen Insolvenzantrag stellte. Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Kommanditist die ausgezahlten Beträge wieder in die Insolvenzmasse zu erstatten hat­te. Die Gutschriften auf seinem Entnahmekonto sind ebenfalls zunächst der Masse zur Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung zu stellen und werden nur nachrangig bedient.

Bei einer Gesellschaft, die keine natürliche Per­son als haftenden Gesellschafter hat – typischerweise die GmbH, aber eben auch die GmbH & Co KG – sind Gesellschafterdarlehen keine Insolvenzforderungen sondern können nur nachrangig nach vollständiger Befriedigung der übrigen Gläubiger zurück verlangt werden. Tilgungsleistungen auf Darlehn, die inner­halb eines Jahres vor Stellung eines Insolvenzantrags erfolgt sind, sind – wie im entschiedenen Fall – wie­der an die Masse – den Insolvenzverwalter – zurück zu gewähren. Dasselbe gilt für die Rückgewähr von Forderungen, die einem Gesellschafterdarlehn wirt­schaftlich entsprechen. Das ist bei stehen gelassenem Gewinn der Fall. Mit dem Gewinnverwendungsbe­schluss wird ein unbedingter Auszahlungsanspruch des Gesellschafters begründet, aus dem, wenn er ste­hen gelassen wird, eine darlehnsgleiche Forderung wird.

Diese Qualifizierung des stehen gelassenen Gewinnauszahlungsanspruchs hat übrigens noch eine ganz andere, vielfach verkannte Konsequenz: In dem Augenblick, in dem dem Gesellschafter der Anspruch unentziehbar zusteht, handelt es sich für die Gesellschaft um »fremde Gelder«. Bis zum Gewinn­verwendungsbeschluss stellt der Gewinn »eigenes Geld« (haftendes Eigenkapital) der Gesellschaft dar. Das ist bedeutsam für die Frage, ob die Gesellschaft erlaubnispflichtige Kreditgeschäfte nach dem Kredit­wesengesetz betreibt. Dieses gilt nämlich nicht nur ­wie man irrtümlich meinen könnte – für Banken; als Bank geschäfte gilt vielmehr schon die Annahme frem­der Gelder als Einlage. Und fremd sind eben solche Gelder, die unbedingt rückzahlbar sind, wie stehen gelassene Gewinnansprüche. Nicht fremd sondern eigene Gelder wären sie hingegen, wenn sie nicht auf Privat konten der Gesellschafter gebucht würden son­dern auf Konten, auf denen sie zur Verrechnung mit künftigen Verlusten der Gesellschaft weiter zur Ver­fügung stünden. Dass die Annahme fremder Gelder ohne Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienst­leistungen für Vorstände und Geschäftsführer sehr unangenehme haftungsrechtliche Konsequenzen haben kann, hat der Bundesgerichtshof bereits im Jahr 2013 entschieden (Urteil vom 19. März 2013 ­ VI ZR 56/12 ­ »Winzergelder«). Sie haften nämlich dem Gesellschafter gegenüber für den Ausfall seiner Gelder in der Insolvenz der Gesellschaft.

FAZIT

  • Nicht ausgeschüttete Gewinne der Gesellschafter einer Gesellschaft, die über keine natürliche Person als persönlich haftenden Gesellschafter verfügt (neben Kapitalgesellschaften insb. GmbH & Co KG) stellen in der Insolvenz der Gesellschaft darlehnsgleiche Forde­rungen dar und werden erst nach Befriedigung der übrigen Gläubiger bedient.
  • Auszahlungen von zunächst stehen gelasse­nen Gewinnen im letzten Jahr vor Stellung eines Insolvenz antrags sind vom Gesellschafter in die Masse zurück zu gewähren.
  • Lassen sich die Gesellschafter Gewinnansprüche, die ihnen unbedingt zustehen, nicht auszahlen sondern stellen sie sie der Gesellschaft weiterhin gegen Verzin­sung zur Verfügung, kann es sich um ein für die Gesell­schaft erlaubnispflichtiges Kreditgeschäft handeln.
  • Hat die Gesellschaft dafür keine Erlaubnis der BaFin, können die Gesellschafter die Geschäftsführer auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, wenn sie ihre (stehengelassenen) Gewinnansprüche in der Insol­venz nicht mehr geltend machen können.
  • Bei der Gestaltung von Gesellschaftsverträgen ist die­sen Risiken Rechnung zu tragen.