Neue Gesetze und Entwicklungen

Mit Beginn des Jahres treten einige neue gesetzliche Regelungen in Kraft. In unseren Rechtsgebieten gibt es wegweisende Entwicklungen und Entscheidungen. Was ändert sich für Sie und Ihr Unternehmen?
Hier erfahren Sie alles Wichtige zum Lieferkettensorgfaltsgesetz, zum Krankenhauspflegeentlastungsgesetz lesen unter anderem, wie Sie eine interne Meldestelle installieren, was sich bei der Fachkräftegewinnung aus Nicht-EU-Staaten ändert und welche neuen Transparenzregeln im Onlinemarketing ab 2023 gelten.
Die jeweils wichtigsten Antworten haben wir Ihnen in FAQ-PDFs zusammengefasst und bieten Ihnen diese als kostenfreie Downloads an.

Krankenhauspflegeentlastungsgesetz (KHPflEG)

Mit dem Gesetz sollen sie Pflegekräfte mehr Zeit für Patientinnen und Patienten bekommen. Der Bestand von Krankenhäusern mit einer Fachabteilung für Geburtshilfe und die stationäre Versorgung von Kindern und Jugendlichen soll gesichert werden. Weiterhin sollen die Finanzierung der Hebammen verbessert und die ambulante Behandlung gefördert werden.

Die Situation der Pflege in den Krankenhäusern soll mittelfristig verbessert werden. Die Umsetzung erfolgt über die Berechnung und Durchsetzung von Idealbesetzungen mittels des entwickleten Instruments der Personalbemessung.

Die Einführung erfolgt in drei Stufen:

  1. Zum 1. Januar 2023 beginnt die Erprobungsphase mit einem Praxistest in einer repräsentativen Auswahl von Krankenhäusern.
  2. Daraus abgeleitet werden allen Krankenhäusern mittels Rechtsverordnung Vorgaben für die Personalbemessung gemacht.
  3. Ab dem Jahr 2025 wird die Personalbemessung umgesetzt.

Nicht immer ist bei stationären Behandlungen eine Übernachtung des Patienten oder der Patientin notwendig. Mit der neuen Krankenhaustagebehandlung soll eine Übernachtung in vertrauter Umgebung ermöglicht werden. Eine Entscheidung darüber treffen Ärzte und Ärztinnen sowie Patienten und Patientinnen einvernehmlich.

Ob stationär oder ambulant behandelt wurde, war zuvor oft eine Kostenfrage: Die Unterschiede bei der Vergütung stationärer Leistungen (DRG) und ambulanten Behandlungen (EBM) hatten eine stationäre Behandlung zur Folge. Oft wäre die Behandlung auch ohne Übernachtung möglich gewesen. Für ausgewählte Behandlungen soll deshalb eine sektorengleiche Vergütung eingeführt werden. Diese wird zwischen EBM und DRG liegen. Die Krankenkassen und die Krankenhäuser sollen bis zum 31. März 2023 einen Katalog für Operationen und deren Vergütung festlegen.

Die Bundesländer erhalten für die Unterstützung der Geburtshilfeabteilungen in den Krankenhäusern zusätzliche finanzielle Mittel. Die Höhe bestimmt sich nach dem Bestand einer Fachabteilung für Pädiatrie, einer Fachabteilung für Neonatologie, eines bestimmten Anteils vaginaler Geburten, der Geburtenzahl sowie der Möglichkeit der Durchführung des berufspraktischen Teils des Hebammenstudiums. Damit soll eine flächendeckende Versorgung mit Geburtshilfestandorten aufrechterhalten werden. Für die Jahre 2023 und 2024 stehen jeweils 120 Millionen Euro zur Verfügung.

Bei der stationären Versorgung von Kindern und Jugendlichen wird das im Jahr 2019 erbrachte Erlösvolumen weitgehend unabhängig von den tatsächlich erbrachten Leistungen gewährleistet. Ein Krankenhaus muss aber Abschläge hinnehmen, wenn es für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen weniger als 80% des Erlösvolumens von 2019 erzielt. Das Erlösvolumen von 2019 wird zudem bis in die Gegenwart fortgeschrieben und für das Jahr 2023 und 2024 mit jeweils 300 Millionen Euro aufgestockt. Mit dieser Garantie soll eine Absicherung der gesundheitlichen Versorgung von Kindern und Jugendlichen erreicht werden.

Die Personalkosten von Hebammen werden ab dem Jahr 2025 vollständig im Pflegebudget berücksichtigt. Somit erfolgt eine vollständige Refinanzierung der Personalkosten von Hebammen für die Betreuung von Schwangeren, Gebärenden und Wöchnerinnen. Gleichzeitig wird die Beschäftigung von Hebammen in Kreißsälen einer unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen gleichgestellt.

  • Die Budgetverhandlungen für Krankenhäuser sollen durch Fristen für verschiedene Verfahrensschritte und ein automatisches Tätigwerden der Schiedsstelle beschleunigt werden.
  • Die Strukturprüfung bei Krankenhäusern durch die Medizinischen Dienste, das Verfahren zur Übermittlung von Daten der Krankenhäuser an das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) sowie das Antragsverfahren für den Krankenhauszukunftsfonds werden weiterentwickelt.
  • Der vorläufige Pflegeentgeltwert wird angehoben, um die Liquiditätssituation der Krankenhäuser zu verbessern.
  • Telemedizinische Leistungen werden gefördert, indem Entgelte für eine sachgerechte Vergütung vereinbart werden.
  • Das Hygieneförderprogramm wird für drei Jahre als Infektiologieförderprogramm weitergeführt.
  • Die Kosten von Ausbildungen in der Pflegehilfe und -assistenz am Krankenhaus sollen rechtssicher finanziert werden.

Das Gesetz wurde im Bundestag beraten und am 2. Dezember 2022 beschlossen. Es ist am 29. Dezember 2022 in Kraft getreten.

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LKSG)

Ziel des Gesetzes ist es, eine Corporate Social Responsibility zu schaffen. Unternehmen sollen menschenrechts- und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in der Lieferkette in angemessener Weise beachten. Menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken soll vorgebeugt, Verletzungen sollen reduziert und beendet werden.

Der persönliche Anwendungsbereich umfasst Unternehmen

  • gleich welcher Rechtsform
  • mit Hauptverwaltungs-/Satzungssitz oder Haupt-/Zweigniederlassung im Inland und
  • in der Regel mindestens 3.000 Arbeitnehmern im Inland.

Ab 01. Januar 2024 reduziert sich der Schwellenwert auf 1.000 Arbeitnehmer.

Leiharbeitnehmer werden bei mehr als 6-monatiger Einsatzdauer berücksichtigt.

Dies ist dringend zu empfehlen. Wenn sich in Ihrer Absatzlinie ein Unternehmen befindet, das unter das LKSG fällt, wird es seine Lieferanten, also auch Sie, unabhängig von ihrer Größe und Mitarbeiterzahl vertraglich auf die Pflichten nach dem LKSG verpflichten. Sie müssen dann dieselben Sorgfaltspflichten erfüllen und Ihrem Vertragspartner nachweisen.

Wird dies nicht akzeptiert, droht Verlust von Geschäft, Marktfähigkeit und Reputation.

Bei Verstößen gegen eine abgeschlossene Vereinbarung drohen vertragliche Konsequenzen wie Schadensersatz und ggf. Vertragsbeendigung.

Gebietskörperschaften unterfallen nicht dem LKSG. Juristische Personen des Privatrechts mit Beteiligung von Gebietskörperschaften sind umfasst. Juristische Personen des öffentlichen Rechts (Körperschaften, Anstalt, Stiftung) sind einbezogen, sofern sie am Markt tätig sind. Für die Schwellenwerte werden nur Arbeitnehmer berücksichtigt, die im unternehmerischen Teil tätig sind.

Innerhalb konzernverbundener Unternehmen sind alle im Inland beschäftigten Arbeitnehmer bei der Berechnung der Arbeitnehmerzahl für die Obergesellschaft zusammenzuzählen. Ins Ausland entsandte Arbeitnehmer werden berücksichtigt.

Der sachliche Anwendungsbereich des LKSG umfasst die gesamte Lieferkette. Das sind

  • sämtliche Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens und
  • sämtliche Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung des Produktes bzw. zur Erbringung der Dienstleistung erforderlich sind.

Es wird unterteilt in:

  • Handeln im eigenen Geschäftsbereich
  • Handeln der unmittelbaren Zulieferer
  • Handeln mittelbarer Zulieferer.

In "Grenzfällen", z.B. für Gebäudereinigungsleistungen, Kantinenbetrieb und Entsorgung, ebenso wie für Gegenleistung und Bezug über Rohstoffbörsen können als Orientierung die FAQ der BMAS dienen:
CSR - Fragen und Antworten zum Lieferkettengesetz (csr-in-deutschland.de)

Hinsichtlich mittelbarer Zulieferer ist eine Risikoanalyse nur durchzuführen bei sog. substantiierter Kenntnis. Diese liegt vor, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine menschenrechts- oder umweltbezogene Gefährdungslage durch den Zulieferer bestehen.

Das LKSG erlegt diese Sorgfaltspflichten auf:

  • Einrichtung eines Risikomanagements
  • Durchführung einer Risikoanalyse, jährlich und anlassbezogen
  • Ergreifung von risikobasierten Präventions- und Abhilfemaßnahmen
  • Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens
  • Gewährleistung durchgängiger Dokumentation und jährliche Berichtspflicht

Das LKSG-Risikomanagement versteht sich als spezielles Compliance-Management-System (CMS) innerhalb des unternehmensinternen CMS. Folglich sind

  • betriebsinterne Zuständigkeiten festzulegen, insbesondere
    • Abgrenzung Gesamt- und Ressortverantwortlichkeiten der Geschäftsleitung
    • notwendige Einbeziehung von Gremien/Organen (Aufsichtsrat/Ausschüsse/Beirat/Gesellschafterversammlung)
    • welche Funktion im Unternehmen federführend verantwortlich ist
    • welche Funktionen im Unternehmen wie/wann einzubeziehen sind
    • Auswahl und Absicherung durch Bestellung eines "Menschenrechtsbeauftragten"
  • Bereiche zu analysieren und zu strukturieren sowie Abläufe zu definieren, u.a.
    • Sortierung der Konzernstruktur (Matrixstruktur)
    • Erfassung eigener Geschäftsbereich, unmittelbare und mittelbare Zulieferer
    • lückenlose Berichtslinien sicherstellen
    • Zeitabläufe, Fristen festlegen
    • "Notfallpläne" für akute Situationen und mögliche behördliche Kontrollen
  • Risikokategorien zur Vorbereitung der Risikoanalyse zu bilden, u.a.
    • Clusterung nach risikorelevanten Kriterien (z.B. geographisch, branchen-, produkt-/verfahrens-/dienstleistungsbezogen, Umsatzvolumen)
    • Analyse und Zuordnung der Bereiche/Zulieferer zu Risikogruppen
    • Vorbereitung eines systematischen Verfahrensgangs nach Zuordnung
  • Maßnahmen abzuleiten, u.a.
    • Vorbereitung einer Grundsatzerklärung
    • Klärung nötiger Anpassung/Ergänzung/Schaffung des internen Regelwerks
    • Vorbereitung möglicher Maßnahmen einer Detailprüfung bei hoher Risikolage
    • Entwicklung risikobasierter externer Maßnahmen (z.B. Vertragspartnercheck, -kodex, -audits), auch für eine ggf. erforderliche "deep dive"-Analyse
    • Erarbeitung eines Schulungskonzepts
    • Einrichtung eines Beschwerdemechanismus mit Verfahrensordnung

Näheres zur unterstützenden Compliance-Beratung, u.a. Einrichtung eines anforderungsgerechten CMS, finden Sie hier:

2022.07-26-Compliance-Leistungsangebot.pdf (battke-gruenberg.de)

Für die Risikoanalyse sind folgende Aspekte wichtig:

  • Sie ist jährlich im eigenen Geschäftsbereich sowie bei unmittelbaren Zulieferern durchzuführen.
  • Unabhängig davon ist sie anlassbezogen erforderlich, z.B. bei wesentlich veränderter Risikolage.
  • Bei mittelbaren Zulieferern gilt dies ebenfalls im Falle substantiierter Kenntnis eines möglichen Risikos.
  • Die Ergebnisse der Risikoanalyse sind an die Entscheidungsträger zu kommunizieren.
  • Die Risikoanalyse durchläuft 2 Phasen:
    • Sammlung von Information
    • Gewichtung und Bewertung.

Empfehlungen/Praxishinweise:

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat eine praxisorientierte Handreichung mit Zusammenfassung wesentlicher Anforderungen und praktischer Umsetzungsmöglichkeiten erarbeitet:

BAFA - Sorgfaltspflichten in der Lieferkette

Spezifische branchenbezogene Leitfäden sind angekündigt. Danach wird u.a. ein mehrstufiger Prüfungsansatz akzeptiert:

  • Allgemeine Risikoanalyse mit Vorpriorisierung nach allgemeinen Kriterien
  • Konkrete Risikoanalyse (deep dive) bei hohem Risikograd nach konkreten Kriterien

Präventions- und Abhilfemaßnahmen sind immer nach dem Angemessenheitsprinzip zu implementieren. Dies eröffnet einen weiteren Entscheidungsspielraum. Es gelten folgende allgemeine Grundsätze:

  • Für Präventionsmaßnahmen:
    • Unverzüglicher Handlungsbedarf bei Feststellung eines neuen oder veränderten Risikos (z.B. bei Geschäftserweiterung)
    • Maßnahmen sind in allen relevanten Geschäftsbereichen zu implementieren
    • Abgabe und Veröffentlichung einer Grundsatzerklärung
    • Schulung des Personals und ggf. der Vertragspartner
    • Notwendigkeit vertraglicher Zusicherung durch unmittelbare Zulieferer (Geschäftspartner-Kodex)
  • Für Abhilfemaßnahmen:
    • Unverzüglicher Handlungsbedarf bei Feststellung (drohender) Verletzung
    • Im eigenen Geschäftsbereich grundsätzliche Beendigung der Verletzung erforderlich
    • Bei unmittelbaren Zulieferern ggf. zunächst Minimierung ausreichend; jedoch Konzept mit konkretem Zeitplan für Beendigung der Verletzung notwendig
    • Ultima ratio: Abbruch der Geschäftsbeziehung

Es besteht Pflicht, die Erfüllung der Sorgfaltspflichten nach LKSG fortlaufend unternehmensintern zu dokumentieren. Die Dokumentation ist 7 Jahre aufzubewahren.

Zudem ist jährlich ein Bericht über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten anzufertigen. Dieser ist auf der Internetseite des Unternehmens spätestens 4 Monate nach Schluss des Geschäftsjahres zu veröffentlichen. Der Bericht ist mindestens 7 Jahre kostenfrei öffentlich zugänglich zu halten. Der Bericht ist innerhalb selbiger Frist über einen behördlich (BAFA) bereitgestellten Zugang zur Prüfung einzureichen. Die Behörde prüft, ob der Bericht vorliegt und alle Anforderungen eingehalten sind.

Zu erwarten ist, dass die Unterzeichnung einer Weitergabeverpflichtung perspektivisch Standard wird, d.h. zum "guten Ruf" eines Unternehmens gehört, auch wenn das Unternehmen nicht in den persönlichen Anwendungsbereich fällt. Dadurch können Markt- und Wettbewerbsfähigkeit erhalten werden.

Für den Weitergebenden bietet sich zudem der Vorteil, dass die Umsetzung einer Weitergabeverpflichtung ggf. Fördervoraussetzung und somit Finanzierungsmöglichkeiten eröffnet.

Zu beachten ist, dass über die LKSG-Pflichten hinaus nicht noch anderweitige Verpflichtungen "untergeschoben" werden. Auch kollidierende Erklärungen sollten vermieden werden.

Anzuraten ist eine erfahrene, idealerweise rechtskundige Person in leitender Funktion. Geeignet sind in der Regel Mitarbeiter der Bereiche Compliance, Legal oder Corporate Social Responsibility. Abhängig von Größe und Relevanz im Unternehmen empfiehlt sich ein Group-Committee.

Ja, dies ist sogar empfehlenswert. Die Abläufe sind weitgehend einheitlich. Trotzdem bedarf es formal einer eigenen Verfahrensordnung für das Beschwerdeverfahren.

Näheres zur internen Meldestelle und zum Verfahren finden Sie hier: Interne Meldestelle

Zuständig für behördliche Kontrolle und Durchsetzung ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Die Rechts- und Fachaufsicht obliegt dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Dieses agiert im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

Verstöße gegen das LKSG sind bußgeldbewährt. Dies gilt bei vorsätzlichem und fahrlässigem Handeln. Es drohen Bußgelder bis zu 800.000 EUR. Bei Umsätzen größer 400 Mio. EUR ist eine Aufstockung auf bis zu 2 % des globalen Umsatzes möglich.

Zudem droht ein Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge für einen Zeitraum von bis zu 3 Jahren.

Pflichtverletzungen des LKSG begründen zwar keine zivilrechtliche Haftung. Allerdings bleibt eine solche nach anderen Vorschriften unberührt. Hier ist insbesondere an die Organhaftung (z.B. § 43 Abs. 2 GmbH, 93 Abs. 2 AktG) sowie an vertragliche Schadensersatzpflichten zu denken.

Denken Sie bitte auch daran, dass Sie über das LKSG hinaus ein anforderungsgerechtes und wirksames CMS im Unternehmen vorhalten müssen. Die Einhaltung des LKSG ist lediglich ein Bestandteil eines solchen CMS. Dies gilt unabhängig von Art, Größe und Branche des Unternehmens. Die jüngsten Rechtsentwicklungen verdeutlichen, dass es inzwischen zum allgemeinen Leitbild eines "ehrbaren Kaufmanns" gehört, Legalität und soziale sowie ökologische Ethik sicherzustellen. Hierzu verweisen wir auf die Neufassung des Deutschen Corporate Governance Kodex vom 27. Juni 2022 (Home - dcgk - deutsch). Gleichermaßen hat die Rechtsprechung erstmalig explizit aus der Legalitätspflicht die Verpflichtung zur Einrichtung eines CMS gefolgert und organisatorische Vorkehrungen verlangt, die die Begehung von Rechtsverstößen verhindern.

Sie vermeiden empfindliche Haftungsfolgen des Unternehmens sowie der Geschäftsführung und stellen Reputation und Marktfähigkeit Ihres Unternehmens sicher.
Gerne unterstützen wir Sie bei der Einrichtung eines anforderungsgerechten CMS.

Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG)

Das Hinweisgeberschutzgesetz ist die nationale Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie der Europäischen Union (Richtlinie (EU) 2019/1937), die bereits bis 17. Dezember 2021 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen. Durch die Richtlinie soll erstmals ein gemeinsamer Mindeststandard innerhalb der EU für den Schutz von Hinweisgebern (sog. "Whistleblower") geschaffen werden. Das Hinweisgeberschutzgesetz setzt die Richtlinie konsequent um und geht an einigen Punkten sogar über die Vorgaben der Richtlinien hinaus.

Das Gesetz sieht zum einen vor, dass Hinweisgeber eine klar reglementierte Möglichkeit zur Meldung von Missständen erhalten sollen. Dies soll durch die Einrichtung von internen und externen Meldestellen umgesetzt werden. Zum anderen sollen Hinweisgeber vor Benachteiligungen geschützt werden. Hierzu hat der Gesetzgeber ein ausdrückliches Verbot von Repressalien und eine Beweislastumkehr im Gesetz verankert.

Der Bundestag verabschiedete das Gesetz am 16. Dezember 2022. Die Zustimmung des Bundesrats steht noch aus. Das Gesetz wird 3 Monate nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft treten. Dies wird voraussichtlich im Mai 2023 der Fall sein.

Maßgebliches Kriterium für das Bestehen einer Einrichtungspflicht ist die Arbeitnehmeranzahl oder der Tätigkeitsbereich eines Unternehmens. Natürliche und juristische Personen des privaten Rechts, die 50 oder mehr Beschäftigte haben, sind zur Einrichtung einer internen Meldestelle verpflichtet. Gleiches gilt für Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern. Unabhängig von diesen Schwellenwerten ist ein Unternehmen zur Einrichtung verpflichtet, wenn es in einem besonders störanfälligen Bereich des Finanzwesens und der Kapitalmärkte tätig ist.

Für Unternehmen des privaten Rechts mit 50 bis 249 Beschäftigten sieht der Gesetzesentwurf allerdings eine verlängerte Einrichtungsfrist bis zum 17. Dezember 2023 vor. Zudem haben Unternehmen in dieser Größenordnung die Möglichkeit, eine gemeinsame Meldestelle einzurichten.

Diese Frage ist zwischen dem europäischen und deutschen Gesetzgeber umstritten. Die europäische Kommission hat in mehreren Stellungnahmen klargestellt, dass jede einzelne Konzerngesellschaft verpflichtet sei, eine eigene Meldestelle einzurichten. Ein Konzernprivileg ergebe sich nicht aus der Richtlinie und sei auch nicht gewollt. Der Rückgriff auf das zentrale Hinweisgebersystem der Muttergesellschaft scheide aus.
Der deutsche Gesetzgeber hat sich dem widersetzt. In der Gesetzesbegründung zum Hinweisgeberschutzgesetz steht ausdrücklich, dass auch konzernweite Meldestellen zulässig sein sollen und die Einrichtungspflicht erfüllen.

Eine Meldestelle soll die Anlaufstelle für Hinweisgeber sein, bei der er Missstände melden kann. Der interne Meldekanal muss so sicher konzipiert sein, dass die Vertraulichkeit der Identität des Hinweisgebers und Dritter, die in der Meldung erwähnt werden, gewährleistet wird. Das Gesetz sieht nunmehr ab dem 1. Januar 2025 auch die Verpflichtung zur Entgegennahme und Bearbeitung von anonymen Hinweisen und zur nachfolgenden anonymen Kommunikation mit dem Hinweisgeber vor.

Die Meldestelle muss zumindest Beschäftigten und Leiharbeitnehmern offen stehen.

Nicht nur Verstöße gegen das Unionsrecht (wie es die Richtlinie vorsieht), sondern auch Verstöße, die straf- und bußgeldbewährt sind, sollen bei der Meldestelle gemeldet werden können. Der Gesetzgeber hat hierzu einen detaillierten Katalog im Gesetz integriert, der für den Laien nicht leicht zu durchschauen ist.

Dem Unternehmen steht es frei, den Anwendungsbereich der Meldestelle in persönlicher und sachlicher Hinsicht über die gesetzlichen Vorgaben hinaus zu erweitern.

Die Nichteinrichtung interner Hinweisgeberstellen wird mit einem Bußgeld von bis zu EUR 20.000 sanktioniert. Sofern ein Hinweisgeber Repressalien erleidet, Whistleblower-Meldungen behindert werden oder die Vertraulichkeit einer Meldung verletzt wird, kann sogar ein Bußgeld von bis zu 100.000 EUR gegen natürliche Personen und bis zu 1 Mio. EUR gegen das Unternehmen verhängt werden.

Neue Transparenzregeln für das Onlinemarketing von Unternehmen

Die Novelle des Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes (GSVWG) setzt die Richtlinie (EU) 219/2161 (sog. "Omnibusrichtlinie") um und dient einem verbesserten nationalen Verbraucherschutz vor unlauteren Geschäftspraktiken im Bereich digitaler Geschäftsmodelle. Die Neuregelungen im UWG sollen zu einer höheren Transparenz auf Online-Marktplätzen und zu mehr Rechtssicherheit beim Influencer-Marketing führen.

Bei ihrer geschäftlichen Entscheidung orientieren sich Verbraucher maßgeblich an den Produktempfehlungen anderer Verbraucher. Deshalb müssen Sie gemäß § 5b III UWG darüber informieren, ob und wie Sie gewährleisten, dass es sich bei den von Ihnen veröffentlichten Bewertungen auch wirklich um Bewertungen anderer Verbraucher handelt, die das Produkt tatsächlich genutzt oder erworben haben. Sie sind aber nicht verpflichtet, gefälschte Verbraucherbewertungen zu unterbinden. Falls Sie keine Maßnahmen zur Vermeidung falscher Bewertungen ergreifen, müssen Sie jedoch explizit darauf hinweisen. Sollten demgegenüber entsprechende Überprüfungen erfolgen, ist über deren Umfang zu informieren.
Neben § 5b III UWG bestimmt Nr. 23b des Anhangs zu § 3 III UWG, dass Unternehmer nicht behaupten dürfen, dass Bewertungen von Verbrauchern stammen, wenn sie keine angemessenen Schritte unternommen haben, um zu prüfen, dass die veröffentlichten Bewertungen tatsächlich von Verbrauchern stammen, die die bewerteten Produkte genutzt oder erworben haben. Nr. 23c des Anhangs zu § 3 III UWG enthält weitergehend das Verbot, dass Unternehmer selbst gefälschte Verbraucherbewertungen abgeben oder andere hierzu beauftragt werden.

Problematisch sind besonders die Fälle, in denen Influencer Produkte anderer Unternehmen vorstellen, ohne hierfür ein Entgelt zu erhalten. Hier stellte sich die Frage nach der Abgrenzung von privaten Meinungsäußerungen und kommerzieller Kommunikation, die als Werbung zu kennzeichnen ist.

§ 2 I Nr. 2 UWG bestimmt jetzt, dass neben einem objektiven auch ein unmittelbarer Zusammenhang zur Absatzförderung bestehen muss, damit überhaupt eine geschäftliche Handlung gegeben ist. Darüber hinaus stellt § 5a IV 2 UWG klar, dass bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens der kommerzielle Zweck fehlt, wenn Influencer keine Gegenleistung (wie z. B. eine Geldzahlung oder zur Verfügung gestellte Produkte) von dem fremden Unternehmen erhalten oder sich versprechen lassen. Eine solche Gegenleistung wird zwar vermutet, jedoch kann der Influencer glaubhaft machen, dass er keine solche erhalten hat. Wird durch die Produktempfehlung lediglich die eigene Bekanntheit der Influencer erhöht, so stellt dies für sich genommen keine Gegenleistung dar. Die Fälle der unentgeltlichen Empfehlung fallen demgemäß nicht unter § 5a IV 1 UWG. Nach dieser Norm wäre der kommerzielle Zweck einer geschäftlichen Handlung kenntlich zu machen, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher oder nunmehr auch den sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Mit der Novellierung bezweckte der Gesetzgeber angesichts der uneinheitlichen Gerichtsentscheidungen zu Fragen des Influencer-Marketings, die Rechtssicherheit für Blogger und Influencer zu erhöhen. Gleichwohl hat der Gesetzgeber in den neuen Bestimmungen eine offene Formulierung gewählt, sodass ihr Regelungsgehalt nicht nur auf das Influencer-Marketing beschränkt ist.

Es ist für Verbraucher nicht immer offenkundig, ob derjenige, der seine Waren oder Dienstleistungen auf einem Online-Marktplatz anbietet, Unternehmer ist oder nicht. Um Abhilfe zu schaffen, sieht § 5b I Nr. 6 UWG nunmehr vor, dass Sie als Betreiber eines Online-Marktplatzes darüber informieren müssen, ob es sich bei dem Anbieter nach dessen eigenen Angaben Ihnen gegenüber um einen Unternehmer handelt. Sie trifft jedoch keine anlassunabhängige Pflicht zur Überprüfung der Angaben des Anbieters auf ihre Richtigkeit aus § 7 II TMG.

Nach dem neu gefassten § 5b II UWG müssen Sie über die Hauptparameter für die Festlegung des Rankings sowie die relative Gewichtung dieser Kriterien im Vergleich zu anderen Kriterien informieren. Das gilt selbst dann, wenn auf Ihrem Portal der Abschluss des Rechtsgeschäfts selbst nicht möglich ist. Solche Parameter können z. B. das Einstellungsdatum des Angebots, die Verkaufszahlen des Produktes oder dessen Kundenbewertungen sein. Hintergrund dieser Bestimmung ist, dass der Gesetzgeber Verbraucher in die Lage versetzen möchte, eine informierte Kaufentscheidung zu treffen. Denn Verbraucher lassen sich stark von der Platzierung in der Trefferliste ihrer Suche beeinflussen. Es ist erforderlich, dass die entsprechenden Hinweise von der Anzeige der Suchergebnisse aus unmittelbar und leicht zugänglich sind. Die Funktionsweise des Ranking-Systems, insbesondere der zugrunde liegende Algorithmus, ist von der Transparenzpflicht hingegen nicht umfasst.
Darüber hinaus schreibt Nr. 11a des Anhangs zu § 3 III UWG nunmehr vor, dass Sie bei der Anzeige von Suchergebnissen aufgrund der Online-Suchanfrage eines Verbrauchers bezahlte Werbung oder spezielle Zahlungen, die dazu dienen, ein höheres Ranking der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen im Rahmen der Suchergebnisse zu erreichen, eindeutig offenlegen müssen.

Der Betrieb eines Webshops, in dem Sie ausschließlich die eigenen Waren oder Dienstleistungen anbieten, fällt nicht unter die Informationspflicht des § 5b II UWG.

Nach § 5 III Nr. 2 UWG gilt jetzt das Verbot der sog. "Dual Quality" Vermarktung. Danach dürfen Sie eine Ware in einem EU-Mitgliedstaat nicht als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der EU auf dem Markt angebotenen Ware vermarkten, wenn sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht objektiv gerechtfertigt ist. Damit wird auf Studien reagiert, die vornehmlich in Mittel- und Osteuropa Abweichungen in der Produktbeschaffenheit aufgedeckt haben, obwohl die Waren unter gleichem Markennamen und mit derselben Verpackung vertrieben wurden. Sie müssen demnach über Unterschiede in der Warenqualität informieren. Wie deutlich auf die Abweichungen hinzuweisen ist, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab.

Ja, Sie sollten die Regelungen des UWG auf jeden Fall beachten. Anderenfalls drohen Abmahnungen, vor allem von Mitbewerbern oder Verbänden. Außerdem besteht die Gefahr, dass Sie sich schadensersatzpflichtig machen. Mit Inkrafttreten des GSVWG steht jetzt erstmals auch Verbrauchern gem. § 9 II UWG ein individueller Schadensersatzanspruch gegen Unternehmer zu, wenn sie infolge einer unlauteren geschäftlichen Handlung zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst werden, die sie andernfalls nicht getroffen hätten und dadurch einen Schaden erleiden. Verbraucherschadensersatzansprüche sind nach Umsetzung der EU Verbandsklagenrichtlinie zukünftig sogar kollektiv im Wege der Verbandsklage durchsetzbar. Verstöße gegen Normen, die vorrangig das Marktverhalten regeln und insbesondere dem Mitbewerberschutz dienen, können aber nicht nach § 9 II UWG geltend gemacht werden. Überdies droht gemäß der neuen Bußgeldregelung in § 19 II UWG bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung von Verbraucherinteressen entgegen § 5c I UWG eine Geldbuße bis 15.000 EUR respektive bis 4 % des Jahresumsatzes ab einem Jahresumsatz von 1,25 Mio. EUR in dem der Behördenentscheidung vorausgegangenen Geschäftsjahr, wenn es sich um einen weit verbreiteten Verstoß mit Unionsdimension handelt.

Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Ab dem 1. Januar 2023 ist das Verfahren zur elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sowohl für Arztpraxen, Krankenkassen, als auch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber verpflichtend.

Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gilt grundsätzlich nur für eine eigene Arbeitsunfähigkeit derjenigen, die in der gesetzlichen Krankenkasse krankenversichert sind.

Folglich ist weiterhin eine herkömmliche Bescheinigung in Papierform erforderlich wenn:

  • keine Arbeitsunfähigkeit, sondern sonstige Fehlzeit vorliegt (Rehabilitationsmaßnahme, Beschäftigungsverbot, etc.)
  • die Beschäftigten in einer privaten Krankenkasse versichert sind
  • die Arbeitsunfähigkeit von einer Ärztin bzw. einem Arzt bescheinigt wird, die bzw. der nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt (Privatärztin/ Privatarzt)
  • die Arbeitsunfähigkeit von einer Arztpraxis im Ausland festgestellt wird
  • Kinder der Beschäftigten erkranken („Kindkrank“)
  • die Beschäftigten bei einer ausländischen Krankenkasse versichert sind

Bei einer Erkrankung haben Beschäftigte diese und deren voraussichtliche Dauer nach wie vor unverzüglich ihrer Arbeitgeberin bzw. ihrem Arbeitgeber anzuzeigen.

Ist eine ärztliche Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit erforderlich, stellen sich die Beschäftigten bei einer Arztpraxis vor. Wird die Arbeitsunfähigkeit ärztlich bestätigt, erhalten die Beschäftigten jedoch nicht mehr wie bisher eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Arbeitgeberseite ("Gelber Schein") ausgehändigt. Stattdessen werden die Daten zur Arbeitsunfähigkeit elektronisch an die jeweilige Krankenkasse übermittelt. Für die eigenen Unterlagen erhalten die Beschäftigten weiterhin einen Ausdruck der übermittelten Daten.

Das Unternehmen stellt dann eine Anfrage bei der Krankenkasse, ob Informationen zur Arbeitsunfähigkeit der jeweiligen Beschäftigten vorliegen. Die Abfrage muss dabei den Namen, die Versicherungsnummer und das Beginndatum der Arbeitsunfähigkeit enthalten. Liegen für das abgefragte Beginndatum oder einen Zeitraum von bis zu fünf Kalendertagen nach diesem Beginndatum  Informationen über eine Arbeitsunfähigkeit der jeweiligen Beschäftigten bei der Krankenkasse vor, übermittelt sie die Daten an die Arbeitgeberin bzw. den Arbeitgeber.

Die an die Arbeitgeberseite übermittelte elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann folgende Daten enthalten:

  • Name der bzw. des Beschäftigten
  • Beginn der Arbeitsunfähigkeit
  • Ende der Arbeitsunfähigkeit
  • Datum der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit
  • Kennzeichnung als Erst- oder Folgebescheinigung
  • Angabe, ob Arbeitsunfähigkeit auf einem (Arbeits-)Unfall oder dessen Folgen beruht

Nicht mehr mitgeteilt werden Name und Fachgebiete der die Arbeitsunfähigkeit feststellenden Ärztinnen bzw. Ärzte.

Die Arztpraxis wird die Arbeitsunfähigkeitsdaten der Patientinnen und Patienten regelmäßig erst gebündelt am Ende des Arbeitstages an die Krankenkassen übermitteln. Da auch die Krankenkassen die Daten erst verarbeiten müssen, gehen wir davon aus, dass die Daten in der Regel erst am zweiten Tag nach der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit zum Abruf bei der Krankenkasse bereitstehen.

Ein Abruf darf darüber hinaus auch nur dann erfolgen, wenn die Beschäftigten bereits zur ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit verpflichtet sind. Nach der gesetzlichen Regelung müssen sie die Arbeitsunfähigkeit erst am vierten Tag feststellen lassen – ein Abruf kann in diesen Fällen somit frühstens am fünften, besser am sechsten, Tag der Arbeitsunfähigkeit erfolgen.

Achtung: Pro Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer un   kann nur eine Anfrage innerhalb von 14 Tagen gestellt werden. Wurden die Daten zu früh abgefragt und eine Negativmeldung der Krankenkasse erteilt, kann erst nach 14 Tagen eine erneute Anfrage gestellt werden. Allerdings sind die Krankenkassen verpflichtet, nach einer Negativmeldung innerhalb von zwei Wochen intern zu prüfen, ob Arbeitsunfähigkeitsdaten zwischenzeitlich vorliegen. Ist das der Fall, ist die Krankenkasse verpflichtet, die Arbeitgeberseite eigenständig über die nunmehr vorliegenden Daten zu informieren. Werden dagegen innerhalb von 14 Tagen keine neue Information von der Krankenkasse mitgeteilt, ist davon auszugehen, dass keine Arbeitsunfähigkeitsdaten für den erfragten Zeitraum vorliegen.

Da eine solche nachträgliche Mitteilung der Krankenkasse bis zu zwei Wochen in Anspruch nehmen kann und die Arbeitgeberseite in dieser Zeit über das tatsächliche Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit - und damit seiner Entgeltfortzahlungspflicht - im Ungewissen ist, sollten zu frühe Abfragen bei der Krankenkasse vermieden werden.

Die Arbeitsunfähigkeitsdaten können für Zeiträume ab dem 1. Oktober 2021 abgerufen werden. Die Daten können auch nachträglich innerhalb der Verjährungsfristen abgerufen werden.

Die Krankenkasse übermittelt die Daten nicht automatisch. Die Unternehmen müssen für jede Arbeitnehmerin bzw. jeden Arbeitnehmer und jede Arbeitsunfähigkeit bzw. Folgebescheinigung grundsätzlich eine individuelle Anfrage bei der Krankenkasse stellen.

Beschäftigte müssen ihrer Arbeitgeberin bzw. ihrem Arbeitgeber eine bestehende Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich, d. h. bereits am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit mitteilen. Dies gilt selbst dann, wenn die Geschäftsleitung eine ärztliche Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit erst ab einem späteren Zeitpunkt (z. B. ab dem dritten Tag) verlangt.

Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage sind Beschäftigte verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer ärztlich feststellen zu lassen. Die Geschäftsleitung kann sie auch anweisen, die Arbeitsunfähigkeit zu einem früheren Zeitpunkt ärztlich feststellen zu lassen.

Kann die Arztpraxis die Daten aufgrund einer technischen Störung nicht an die Krankenkasse übermitteln und händigt der bzw. dem Beschäftigten eine Bescheinigung in Papierform aus, sind diese verpflichtet die Bescheinigung unverzüglich ihrer Krankenkasse zu übermitteln. Regelmäßig werden die Praxen den Beschäftigten in diesem Fall auch eine Ausfertigung für die Arbeitgeberseite aushändigen, die dann wie bisher vorzulegen ist.

Da den Beschäftigten keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Arbeitgeberseite in Papierform ausgehändigt wird, entfällt die Vorlagepflicht. An die Stelle der Vorlage der Bescheinigung tritt die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch die behandelnde Ärztin bzw. den behandelnden Arzt.

Folglich können Unternehmen ihre Beschäftigten zukünftig lediglich anweisen, die Arbeitsunfähigkeit bereits am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit ärztlich feststellen zu lassen.

Allerdings können Sie ihre Beschäftigten nicht verpflichten, dass die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ebenfalls bereits am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit bei der Krankenkasse abrufbar sein muss. Die Beschäftigten haben keinen Einfluss darauf, wann die Arztpraxis und / oder die Krankenkasse die Daten übermittelt.

Nein. Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wurde unter anderem eingeführt, um die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform abzulösen. Die Verpflichtung zur Vorlage des Exemplars der Beschäftigten würde diesen Zweck zuwiderlaufen. Zudem enthält deren Ausfertigung in der Regel die ärztliche Diagnose, die sie gegenüber der Arbeitgeberseite nicht offenlegen müssen.

Denkbar wäre eine Vorlage der, hinsichtlich der Diagnose geschwärzten, Ausfertigung für die Beschäftigten allenfalls dann, wenn aufgrund einer länger andauernden technischen Störung kein Abruf der Daten bei der Krankenkasse möglich ist.

Haben die Beschäftigten der Arbeitgeberseite die Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig angezeigt und diese ärztlich feststellen lassen, wurde ihre Pflicht grundsätzlich erfüllt. Eine technische Störung des Übermittlungswegs hat auf darauf keine Auswirkungen.

Ist der Arztpraxis eine Störung der Praxissoftware und damit der fehlenden Möglichkeit der Übermittlung der Daten an die Krankenkasse bekannt, hat sie der bzw. dem Beschäftigten einen Ausdruck der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Krankenkasse auszuhändigen. In diesem Fall ist die bzw. der Beschäftigte verpflichtet, die Bescheinigung unverzüglich der Krankenkasse weiterzuleiten, damit diese der Arbeitgeberseite die entsprechenden Daten zur Verfügung stellen kann.

Bemerkt die Arztpraxis die technische Störung des Übermittlungssystems erst nachdem die bzw. der Beschäftigte die Praxis verlassen hat, hat sie die Arbeitsunfähigkeitsdaten in Papierform an die Krankenkasse zu übermitteln.

Sollten die Daten erst nach Abruf durch die Arbeitgeberseite bei der Krankenkasse eingehen, hat die Krankenkasse sie bzw. ihn selbständig über die nunmehr vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsdaten zu informieren.

Liegt eine Störung auf dem Übermittlungsweg zwischen Krankenkasse und Arbeitgeberseite vor, hat dies auf die Entgeltfortzahlung keine Auswirkung. Der Abruf der Daten kann auch nachträglich, nachdem die Störung behoben ist, erfolgen, da die Arbeitsunfähigkeitsdaten bis zum Ablauf der Verjährungsfrist abrufbar bleiben.

lichen Pflichten. Bei einem solchen Pflichtverstoß können sie abgemahnt werden. Im Wiederholungsfall kommt eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung in Betracht. Eine außerordentliche Kündigung wird nur in Ausnahmefällen möglich sein.

Wenn der Arbeitgeberseite durch die verschuldete Nichtmitteilung der Arbeitsunfähigkeit ein konkreter Schaden entsteht, kommen darüber hinaus Schadenersatzansprüche gegen die Beschäftigten in Betracht.

Lassen Beschäftigte die Arbeitsunfähigkeit zu spät ärztlich feststellen, kommt für die Tage, an denen sie entgegen ihrer Verpflichtung die Arbeitsunfähigkeit nicht haben feststellen lassen, eine Einstellung der Entgeltfortzahlung in Betracht.

Nein. Die Entgeltfortzahlung kann nach § 7 EFZG ausschließlich dann verweigert werden, wenn die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform nicht rechtzeitig vorgelegt wird.

Darüber hinaus kann es verschiedene, von den Beschäftigten nicht zu vertretende Ursachen, haben, dass nach dem Abruf der Arbeitsunfähigkeitsdaten durch die Arbeitgeberseite zunächst eine Negativmeldung der Krankenkasse erfolgt, obwohl die Beschäftigten die Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig ärztlich haben feststellen lassen.

Dies kommt auf die Formulierung der Vorgaben zum Verhalten der Beschäftigten im Falle der Arbeitsunfähigkeit an. Wiederholen diese im Wesentlichen die gesetzlichen Vorgaben – insbesondere einen Nachweis der Arbeitsunfähigkeit erst nach dem dritten Tag der Arbeitsunfähigkeit – ist eine Anpassung nicht zwingend erforderlich.

Weichen die Vorgaben jedoch von den gesetzlichen Regelungen ab und verlangen insbesondere einen früheren Nachweis der Arbeitsunfähigkeit, sollten Unternehmen die Formulierung auf die neue Rechtslage anpassen. Abzustellen ist in Zukunft auf die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit und nicht mehr auf die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.

Sofern bestimmte Meldewege – Vorgesetzte, Personalabteilung, Geschäftsführung – geregelt sind, sollten diese nochmals überprüft werden. Im Rahmen der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist es wichtig, dass die zum Abruf der Arbeitsunfähigkeitsdaten Berechtigten (Personalabteilung, Lohnbuchhaltung) zeitnah von der Arbeitsunfähigkeit erfahren, um die Daten bei der Krankenkasse abrufen zu können. Eine Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit an Vorgesetzte allein wird daher zukünftig nicht ausreichen.

Die Beachtung des neuen Verfahrens allein führt nicht zu einem Mitbestimmungsrecht.

Wenn Arbeitgeberinnen bzw. Arbeitgeber in Zukunft jedoch die Arbeitsunfähigkeitsdaten an anderer Stelle oder in anderer Art und Weise verarbeiten und / oder Meldewege verändern, kann ein Mitbestimmungsrecht bestehen. Das muss im Einzelfall bewertet werden.

Ein Abruf der Arbeitsunfähigkeitsdaten durch das Unternehmen ist nur zulässig, wenn die betreffenden Beschäftigten zum Zeitpunkt der Arbeitsunfähigkeit bei ihnen angestellt sind, ihnen die Arbeitsunfähigkeit mitgeteilt haben und bei der abzurufenden Krankenkasse gesetzlich krankenversichert sind. Die Meldung der Beschäftigten ist daher zu dokumentieren.

Eine Abfrage von Arbeitsunfähigkeitszeiten aus vorherigen Arbeitsverhältnissen ist damit unzulässig.

Zudem muss die Abfrage bei den Krankenkassen durch eine gesicherte und verschlüsselte Datenübertragung aus systemgeprüften Programmen abgegeben werden. Beauftragen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber einen Dritten (z. B. ein Steuerberaterbüro) mit dem Abruf, darf dieser die Daten verarbeiten.

Die Datenschutzinformationen für die Beschäftigten nach Art. 12 - 14 DSGVO sind zu aktualisieren und auf die Datenerhebung bei einem Dritten hinzuweisen.

Der Abruf kann entweder durch die Arbeitgeberin bzw. den Arbeitgeber selbst oder die mit der Abrechnung beauftragte Stelle erfolgen. Übernimmt die Abrechnungsstelle den Abruf, ist darauf zu achten, dass dieser regelmäßig mitgeteilt wird, welche Beschäftigten sich für welche Zeiträume krankgemeldet haben, damit die Abrechnungsstelle die erforderlichen Abrufe der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei der Krankenkasse vornehmen kann.

Nein, ein Abruf ist nur anlassbezogen möglich, wenn Beschäftigte eine konkrete Arbeitsunfähigkeit angezeigt haben. Erst die Anzeige bei der Arbeitgeberin bzw. dem Arbeitgeber berechtigt zum Abruf und der Verarbeitung der Arbeitsunfähigkeitsdaten.

Nein. In diesem Fall wurde den Beschäftigten bereits eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform ausgestellt, die auch als Nachweis für den Arbeitsunfähigkeitszeitraum ab dem 1. Januar 2023 gilt. Dauert die Arbeitsunfähigkeit weiter an und stellen sich die Beschäftigten nach dem 1. Januar 2023 erneut bei einer Arztpraxis vor, wird die Folgebescheinigung jedoch nur noch als elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zum Abruf durch die Krankenkassen bereitgestellt.

Ein rückwirkender Abruf der Arbeitsunfähigkeitsdaten bei der Krankenkasse ist gleichwohl möglich.

Die neue Regelung gilt auch für geringfügig Beschäftigte. Die Abfrage der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat bei der Krankenkasse zu erfolgen. Da grundsätzlich die Minijobzentrale zuständige Einzugsstelle für die Sozialversicherungsbeiträge geringfügig Beschäftigten ist, kennen Arbeitgeberinnen bzw. Arbeitgeber die Krankenkasse der geringfügig Beschäftigten häufig nicht. Hier ist zukünftig idealerweise bei Beschäftigungsbeginn die Krankenkasse der geringfügig Beschäftigten abzufragen.

Anrechenbare Vorerkrankungen sind weiterhin gesondert im Verfahren über Entgeltersatzleistungen abzufragen. Eine automatische Mitteilung durch die Krankenkasse bei Abruf der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erfolgt nicht.

Da Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber nicht mehr erfahren, welche Arztpraxis die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, ist auch schwieriger nachzuvollziehen, ob die Beschäftigten häufig die Praxis wechseln, um jeweils eine Erstbescheinigung zu erhalten und den Krankengeldbezug zu vermeiden. Ein Anhaltspunkt kann sein, wenn kurz nacheinander vermehrt Erstbescheinigungen ausgestellt werden. Hier kann bei der Krankenkasse eine Überprüfung, ob es sich tatsächlich um eine Fortsetzungs- bzw. zusammenhängende Erkrankung handelt, beantragt werden.

Bei Krankenhausaufenthalten gilt im Wesentlichen das gleiche Verfahren: Die Beschäftigten informieren die Arbeitgeberseite unverzüglich, dass eine stationäre Krankenhausbehandlung erfolgt. Das Krankenhaus übermittelt die Daten zum Aufenthalt an die Krankenkasse. Zwei bis drei Tage nach der Information durch die Beschäftigten können diese Daten bei der Krankenkasse abgerufen werden. Die bisher vom Krankenhaus ausgestellte „Liegebescheinigung“ entfällt für gesetzlich Versicherte damit zukünftig.

Denken Sie bitte auch daran, dass Sie auch im Rahmen der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Krankheitszeiten Ihrer Beschäftigten im Blick behalten. Sind diese insgesamt mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres arbeitsunfähig erkrankt gewesen, ist ein Betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 167 Abs. 2 SGB IX durchzuführen. Da die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht mehr den Namen (und ggfs. Fachbereich) der ausstellenden Arztpraxis enthält, haben Sie ohne die Durchführung eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements kaum Anhaltspunkte für die Krankheitsursache. Nutzen Sie daher das Betriebliche Eingliederungsmanagement um gemeinsam mit Ihren Beschäftigten Lösungen zu finden, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden und die Arbeitsunfähigkeitszeiträume zukünftig reduziert werden können. Gerne unterstützen wir Sie bei der Etablierung eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements.

Änderungen der Beschäftigungsmöglichkeit für ausländische Mitarbeiter

Die Bundesregierung hat im November 2022 ein Eckpunktepapier zur Fachkräfteeinwanderung (abrufbar nter bmas.de) verabschiedet. Die Änderungen sollen noch Anfang 2023 beschlossen und schnellstmöglich umgesetzt werden.

Dabei soll das Einwanderungs- und Aufenthaltsrechts den Zugang zum Arbeitsmarkt grundlegend modernisieren und vereinfachen. Das Ziel ist klar definiert: Fachkräfte aus dem Nicht-EU-Ausland (sog. Drittstaaten) sollen leichter nach Deutschland kommen und hier arbeiten können.
Eine erste praktische Maßnahme ist die Verlängerung des bei der Einreise erteilten Visums als "ersten Aufenthaltstitel" von bisher sechs Monaten auf ein Jahr.
Einwanderung zu Erwerbszwecken soll künftig auf drei Säulen ruhen: Erhalten bleibt die bisher zentrale Säule der "Fachkräfteeinwanderung", hinzukommt (endlich!) eine größere Rolle der Berufserfahrung sowie ein einfacherer Aufenthalt zur Arbeitsplatzsuche.

Die seit der Einführung des "Fachkräfteeinwanderungsgesetzes" vereinfacht vorgesehenen Beschäftigungsmöglichkeiten von Mitarbeitenden aus Drittstaaten sollen verbessert werden. Konkret sind folgende Änderungen geplant:

  • Fachkräfte, also potentielle Mitarbeitende mit einem deutschen oder in Deutschland anerkannten Abschluss (Hochschulabschluss, Berufsabschluss), durften bisher nur in genau dem Beruf arbeiten, für den sie ausgebildet waren.Zukünftig dürfen sie dagegen jede qualifizierte Beschäftigung ausüben, sofern es sich um nicht reglementierte Berufe handelt. Für reglementierte Berufe (also solche, für deren Ausübung man zwingend einen passenden Abschluss haben muss) bleibt es beim Erfordernis eines passenden Abschlusses.

    Beispiel:
    Eine als Kauffrau für Büromanagement anerkannte Fachkraft aus Argentinien könnte nicht nur in einem Büro, sondern auch im Bereich Logistik als Fachkraft beschäftigt werden. Eine Beschäftigung als Krankenpflegerin erfordert aber weiterhin den passenden (anerkannten) Abschluss.

  • Um die "Blaue Karte EU" (ein Aufenthaltstitel für Hochschulabsolventinnen und -absolventen aus dem Nicht-EU Ausland) nutzen zu können, wird ein geringeres Gehalt im angebotenen Arbeitsvertrag ausreichen. Die Schwelle soll auf das 1,25-fache des Durchschnittsjahresbruttogehalts (reguläre Gehaltsgrenze) und für Mangelberufe und Berufseinsteiger auf das 1,0-fache des Durchschnittsjahresbruttogehalts (abgesenkte Gehaltsgrenze) abgesenkt werden, bisher mussten 2/3 bzw. 52 % der Beitragsbemessungsgrenze erreicht werden.Beispiel:
    Ein australischer Betriebswirt mit vollständig anerkanntem Abschluss muss dann statt bisher EUR 56.800 brutto im Jahr nur noch ein Angebot über EUR 53.928 brutto vorweisen. Für einen Berufsanfänger oder einen Arzt aus Kuwait (Mangelberuf) muss sogar nur ein Arbeitsplatzangebot mit EUR 43.142 (bisher EUR 44.304) brutto Jahresverdienst vorliegen.

    Sollte die Bundesregierung - aus unserer Sicht vorzugswürdig - bei Durchschnittsentgelt auf (im Gegensatz zur Rentenversicherung geringere) Werte der Sozialversicherung aufbauen, wäre der Effekt noch größer. Der Betriebswirt müsste dann nur ein Entgelt von EUR 49.350 brutto, der Arzt in Höhe von EUR 39.480 brutto vorweisen.

    Außerdem sollen die Vorteile der „Blauen Karte EU“ grundsätzlich auch auf Fachkräfte mit einer qualifizierten Berufsausbildung übertragen werden.

  • Personen mit anerkannter ausländischer Qualifikation und vorhandenen Deutschkenntnissen soll nach drei anstatt bisher fünf Jahren eine (dauerhafte) Niederlassungserlaubnis erteilt werden. Für Fachkräfte soll generell eine kürzere Frist von zwei Jahren gelten, unabhängig davon, ob das Berufsanerkennungsverfahren vom Ausland aus oder im Bundesgebiet durchgeführt wurde.Beispiel:
    Eine vietnamesische Krankenpflegerin mit anerkannter Berufsausbildung aus dem Heimatland erhält bereits nach zwei Jahren eine dauerhafte Niederlassungserlaubnis.
  • Ferner soll die Einwanderung bei teilweiser Gleichwertigkeit eines ausländischen Abschlusses mit dem inländischen Abschluss (also bei Aufarbeitung der festgestellten "Defizite" zur Anerkennung) erleichtert und praktikabler gestaltet werden. Die Möglichkeit, während der Qualifizierung zu arbeiten, soll flexibler gestaltet und der Einschätzung des Arbeitgebers mehr Gewicht verliehen werden.Beispiel:
    Bietet ein deutsches Unternehmen einem Altenpfleger aus Chile mit teilweise gleichwertigem Abschluss die Beschäftigung auf Fachkraftniveau, soll er die volle Anerkennung innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nachholen können. Die Planung der Maßnahmen zum Ausgleich der im Bescheid festgestellten wesentlichen Unterschiede soll erst nach Einreise erfolgen.
  • Für zur Ausbildung einreisende Menschen (auch Praktikanten der deutschen Auslandsschulen) soll die Vorrangprüfung der Bundesagentur für Arbeit ("Gibt es gleichgeeignete europäische Bewerber für den Arbeitsplatz?") entfallen. Studenten und Teilnehmer an vorbereitenden Sprachkursen sollen im größerem Umfang (bis zu 20 Stunden anstatt 10 Stunden) arbeiten dürfen.

Unter bestimmten Voraussetzungen soll qualifizierten Drittstaatsangehörigen auch ohne vorherige formale Anerkennung ihres Abschlusses die Erwerbszuwanderung nach Deutschland ermöglicht werden:

  • Ist der Beruf nicht reglementiert, sollen Drittstaatenangehörige, die mindestens zwei Jahre Berufserfahrung in diesem Beruf haben und die über einen in ihrem Herkunftsland staatlich anerkannten mindestens zweijährigen Berufs- oder Hochschulabschluss verfügen, die Möglichkeiten eines Aufenthalts zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Feststellung der Gleichwertigkeit des Abschlusses mit einem deutschen Referenzberuf geschaffen werden. Die Prüfung der Sprachkenntnisse soll nur dem Arbeitgeber obliegen.

    Allerdings müssen "faire Arbeitsbedingungen" eingehalten werden, der Verdienst soll daher die Gehaltsschwelle von 45 % der Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung überschreiten oder Tariflöhne gezahlt werden.

    Beispiel:
    Eine Mechatronikerin aus Marokko mit zweijährigem marokkanischen Berufsabschluss und mehr als zwei Jahren Berufserfahrung würde damit für eine Tätigkeit in Deutschland kein Anerkennungsverfahren mehr benötigen, wenn Sie mindestens EUR 3.195,00 brutto pro Monat erhält. Der Verdienst darf auch geringer sein, wenn ihr Arbeitgeber tarifgebunden ist.

  • Auch für Beschäftigte mit Spezialkenntnissen und Berufserfahrung im Bereich IT (die bisher schon ohne Abschluss nach Deutschland kommen konnten) soll die Mindestgehaltsgrenze an das Niveau der abgesenkten Grenze der „Blauen Karte EU“ in den Berufsfeldern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Ingenieurwesen und der Humanmedizin angepasst werden. Zudem soll auf den Nachweis von Deutschkenntnissen verzichtet werden, deren Notwendigkeit und Vorhandensein der Arbeitgeber beurteilen soll.
  • Außerdem sollen qualifizierte Drittstaatenangehörige im Rahmen einer Anerkennungspartnerschaft die Möglichkeit erhalten, bereits vor Einleitung eines Anerkennungsverfahrens in Deutschland im berufsfachlichen Zusammenhang des voraussichtlichen Zielberufs in Deutschland beschäftigt zu werden. Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite sollen sich zur zügigen Durchführung des Anerkennungsverfahrens und ggf. notwendiger Qualifizierungen verpflichten müssen.

Bisher galt der Grundsatz, dass für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu Erwerbszwecken grundsätzlich ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegen musste. Drittstaatenangehörige mit gutem Potential sollen nun die Möglichkeit eines Aufenthalts zur Arbeitsplatzsuche erhalten. Damit soll die Suche nach einem Arbeitsplatz aus dem Ausland erleichtert und attraktive Möglichkeiten für Probearbeit oder Nebenbeschäftigung geschaffen werden.
Dies alles soll über eine sogenannte "Chancenkarte", die auf einem transparenten und unbürokratischen Punktesystem basieren soll, erfolgen. Zu den Auswahlkriterien sollen Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug und Alter gehören.
Beschäftigte mit einer als gleichwertig anerkannten Ausbildung sollen diese Chancenkarte ohne Weiteres erhalten, bei Teilanerkennung soll es einen erleichterten Zugang geben. Es soll dann die Möglichkeit einer zweiwöchigen Probebeschäftigung in Vollzeit während der Arbeitsplatzsuche und der Chancenkarte bzw. eine Nebenbeschäftigung von 20 Stunden pro Woche geben. Auch die Möglichkeiten zur Ausbildungsplatzsuche werden erweitert.

Hier hat die Bundesregierung Großes vor: Die Verfahren sollen vereinfacht, beschleunigt, standardisiert, vereinheitlich und digitalisiert werden. Auch die Förderung soll ausgeweitet werden.
Es bleibt zu hoffen, dass zumindest einige der Ansätze und Lösungsideen umgesetzt werden. Denn die Berufsanerkennung ist beim Recruiting oder der Beschäftigung von Menschen aus dem Nicht-EU-Ausland in der Regel die weitaus größere Hürde, als der Aufenthaltstitel an sich.

Für bestimmte Mangelberufe sollen Kontingente geschaffen werden, innerhalb derer geeignete Mitarbeitende aus dem Nicht-EU-Ausland für befristete Zeiträume - allerdings nur bei Tarifgebundenheit - beschäftigt werden dürfen. Auch bestehende Kontingente für bestimmte Herkunftsländer (bspw. die Westbalkanstaaten) sollen ausgeweitet werden.
Zudem soll, insbesondere im Bereich der Pflege, einfacher zwischen einem Aufenthalt zur Ausbildung und zur Erwerbstätigkeit gewechselt und ein Arbeitsplatz gesucht werden dürfen. So sollen die dringend notwendigen Pflegfachkräfte einfacher nach und während der Ausbildung Beschäftigung suchen und aufnehmen können.
Viele Ideen thematisieren auch das Standortmarketing der Bundesrepublik Deutschland. Studierende und Berufstätige sollen gezielter im Ausland angesprochen und mit Projekten zur Einwanderung nach Deutschland überzeugt werden. Eine zentrale Rolle soll hier die Bundesagentur für Arbeit spielen, die die Unternehmen aktiv bei der Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland unterstützen soll.

Sehr gern stehen wir Ihnen bei der Gewinnung von Fachkräften aus dem Nicht-EU-Ausland als Ihre Sherpas zur Verfügung!

Erhöhung der Grunderwerbsteuer in Sachsen

Die Grunderwerbsteuer steigt in Sachsen von bisher 3,5% auf nunmehr 5,5%. Sachsen war bisher mit Bayern das Bundesland mit der niedrigsten Grunderwerbsteuer. Die höchste Grunderwerbsteuer mit 6,5% müssen Grundstücks- und Wohnungseigentumserwerber unter anderem in Thüringen zahlen.

Die Grunderwerbsteuer ist geregelt im GrEStG und ist eine Sonderumsatzsteuer beim Verkauf einer Immobilie oder grundstückgleichen Rechten im Inland. Die Besteuerung erfolgt auf den Erwerbsvorgang. Ein Erwerbsvorgang ist auch das Meistgebot bei einer Zwangsversteigerung, der Abtretung von Rechten eines Erwerbsvorgangs oder der Erwerb von Verwertungsrechten und ähnlichen Vorgängen. Die Grunderwerbsteuer fällt auch bei „Unternehmensverkäufen“ an, bei denen ein wirtschaftlicher Eigentümerwechsel bezüglich einer Immobilie stattfindet.

Die Grunderwerbsteuer bemisst sich bei einem relevanten Erwerbsvorgang nach der Höhe der Gegenleistung - in der Regel also an der Höhe des Kaufpreises. Berechnungsgrundlagen können aber auch der Wert der Übernahme von Belastungen oder die Gewährung von Wohn-/Nutzungsrechten sein.

Steuerschuldner sind Käufer und Verkäufer. Beide haften gesamtschuldnerisch, unabhängig von einer vertraglichen Vereinbarung, wer von beiden die Steuer zu tragen hat, was in der Regel der Käufer ist.

Es gibt eine Freigrenze von EUR 2.500,-.
Veräußerungen, Schenkungen und Erbschaften unter Ehegatten, Lebenspartnern und Verwandten in gerader Linie werden nicht besteuert, ebenso die Aufhebung von Treuhandverhältnissen. Zudem gibt es Steuervergünstigungen bei Umstrukturierungen von Konzernen.

Jeder beurkundete Erwerbsvorgang wird vom Notar an das Finanzamt gemeldet. Unter bestimmten Umständen müssen die Beteiligten dem Finanzamt Mitteilung machen. Das Finanzamt, in dessen Bezirk das betreffende Grundstück liegt, ist für die Besteuerung zuständig. Die Steuer wird einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheides fällig. Nach Zahlung der Steuer erteilt das Finanzamt die Unbedenklichkeitsbescheinigung, die Voraussetzung für die Eintragung des Käufers als neuen Eigentümer im Grundbuch.

Die neue Grunderwerbsteuer gilt für sämtliche Erwerbsvorgänge die nach dem 31. Dezember 2022 beurkundet wurden. Es gibt keine Übergangsfristen. Bei einem angenommenen Kaufpreis von EUR 500.000,- erhöht sich die zu entrichtende Grunderwerbsteuer von bisher EUR 17.500,- auf nunmehr EUR 27.500,-. Dies bedeutet neben der derzeitigen Inflation und der in Folge der Pandemie bereits erheblich gestiegenen Baukosten eine weitere finanzielle Belastung für Erwerber von Immobilieneigentum.