Datenschutz im betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM): Hinweis ja, Einwilligung nicht zwingend?
Spätestens seit das LAG Baden-Württemberg mit Urteil vom 20. Oktober 2021, Az.: 4 Sa 70/20, erklärte, dass eine von Arbeitgeberseite verursachte Fehlvorstellung über die Datenverarbeitung im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) der ordnungsgemäßen Einleitung des BEM insgesamt entgegensteht, ist der Datenschutz im BEM in den Fokus gerückt. Aus Arbeitgebersicht ist es daher nachvollziehbar, sich zu Absicherung auf den Standpunkt zu stellen, dass ein BEM nicht durchgeführt werden kann, wenn die Betroffenen nicht zuvor eine datenschutzrechtliche Einwilligung erteilen. Dem hat das BAG jetzt aber mit Urteil vom 15. Dezember 2022, Az.: 2 AZR 162/22, eine Absage erteilt: Es stellte klar, dass auch ohne vorherige datenschutzrechtliche Einwilligung mit dem BEM begonnen und der mögliche Ablauf des BEM in einem Erstgespräch besprochen werden kann.
Damit sagt das BAG nicht, dass eine datenschutzrechtliche Einwilligung im BEM entbehrlich sei. Es weist nur darauf hin, dass die gesetzliche Regelung zum BEM, § 167 Abs. 2 SGB IX, zwar eine datenschutzrechtliche Hinweispflicht vorsieht, aber eine datenschutzrechtliche Einwilligung nicht als Voraussetzung für die Durchführung eines BEM nennt. Arbeitgeberseitig hätten daher die datenschutzrechtlichen Aspekte eines BEM in einem Erstgespräch eingehend erläutert und etwaige Bedenken der Arbeitnehmerin ausgeräumt werden können. Danach hätten die Parteien in einem zweiten Gespräch konkret die Möglichkeiten zur Vorbeugung weiterer Arbeitsunfähigkeitszeiten besprechen können.
Interessant ist, dass das BAG von der Möglichkeit der Arbeitgeberseite spricht, das BEM zu beenden, falls die Arbeitnehmerin nicht bereit gewesen wäre, am weiteren Klärungsprozess konstruktiv mitzuwirken (z.B. durch Vorlage der dafür möglicherweise im Einzelfall erforderlichen Diagnosen und Arztberichte). Bislang ging die Rechtsprechung davon aus, ein BEM könne einseitig nur von den Beschäftigten beendet werden. Wie die Praxis und die Instanzgerichte nun reagieren werden, bleibt mit Spannung abzuwarten.
Das BAG grenzte sich in diesem Urteil außerdem von einer früheren Entscheidung (Urteil vom 7. Dezember 2006, Az.: 2 AZR 182/06) ab, indem es klarstellte, dass die Tatsache, dass das Integrationsamt einer krankheitsbedingten Kündigung zustimmt, nicht die Vermutung begründet, die Kündigung hätte auch durch ein BEM nicht verhindert werden können.