Vergleiche und Aufhebungsverträge sorgsam formulieren, Urlaubsabgeltung vermeiden!
Vergleich oder Aufhebungsvertrag sind ein beliebtes - und sehr geeignetes - Mittel, um in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten eine schnelle und effektive Lösung zu finden. Gerade zur Vermeidung oder Abwicklung einer Kündigung sollte immer geprüft werden, ob ein solche Lösung mit einem vertretbaren wirtschaftlichen Aufwand durch bezahlte Freistellung oder Abfindung nicht besser ist, als die Kosten und das Risiko eines (langwierigen) Verfahrens.
Aber Vorsicht, ein solche Regelung ist nur dann wirklich gut, wenn sie klar gefasst ist und ein "Nachtreten" des Arbeitnehmers verhindert:
Dies zeigt sich anschaulich wieder in einem Urteil des LAG München (Urteil vom 24. Januar 2023, Az. 6 Sa 326/22). Die Parteien hatten in einem Vergleich eine Freistellung bis zur Beendigung unter Fortzahlung des Entgeltes geregelt und hierzu - wie fast schon üblich - vereinbart, dass "die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß unter Zugrundelegung des Bruttomonatsgehaltes von EUR [XXX] abrechnet und die sich hier ergebenden Nettobeträge an den Kläger zahlt". Urlaubsabgeltung war aus Sicht des Arbeitgebers damit kein Thema, hatte er doch sorgsam darauf geachtet, in den Vergleich auch eine "Abgeltungsklausel aufzunehmen ("mit Erfüllung des Vergleiches sind sämtliche finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und aus dessen Beendigung abgegolten und erledigt").
Doch das LAG München sah dies anders und stellt sich damit sowohl gegen das erstinstanzliche Arbeitsgericht, als auch gegen eine noch recht frische Entscheidung des LAG Schleswig-Holstein (Urteil vom 9. Juni 2021, Az. 3 Sa 82/21). So hatte das LAG Schleswig-Holstein noch geurteilt, dass mit der Formulierung zur Abrechnung nur das reguläre monatliche Entgelt gezahlt werden soll und die Abgeltungsklausel in solchen Fällen die Urlaubsabgeltung umfasst. Nach Ansicht des LAG München soll die Urlaubsabgeltung aber mit zur "ordnungsgemäßen Abrechnung auf Grundlage eines Bruttomonatsentgeltes" gehören. Damit gilt die Ausschlussklausel nicht, denn diese ist ja nach dem Vergleich geschuldet. Soll nur das reguläre Monatsentgelt gezahlt werden, muss dies auch ausdrücklich so benannt werden.
Gerade bei der Urlaubsabgeltung ist dies derzeit ein großes Risiko, da neben den aktuellen Urlaubsansprüchen häufig noch Risiken aus der Vergangenheit bestehen, wenn nicht nach der aktuellen Rechtsprechung des BAG und EuGH - jedes Jahr und individuell - über den Verfall unterrichtet und zur Inanspruchnahme des Urlaubs aufgefordert wurde.
Ob sich diese strenge Lesart durchsetzt bleibt abzuwarten, eine Lehre bleibt in jedem Fall: Vorsicht bei "üblichen" oder vom Arbeitnehmer bzw. Gericht vorgegebenen Formulierungen in Aufhebungsverträgen und Vergleichen. Diese sollten immer geprüft werden. Um Streit zu vermeiden, sollten die Regelungen klar und genau sein und insbesondere beim Entgelt genau benennen, was noch gezahlt werden soll. Daher sollte hier jede aus Sicht des Unternehmens zu zahlenden Vergütungsart (Grundentgelt, Sonderzahlungen, Bonus usw.) mit gesonderter Berechnung auftauchen und eine Klarstellung erfolgen, dass "weitere Vergütungsansprüche" nicht bestehen.